Tom Schmidt ist der Schiedsrichterwart bei uns im Verein. Darüber hinaus ist er Spieler unserer dritten Mannschaft und pfeift natürlich auch selber. Alles Grund genug, um sich mal ausführlich mit ihm zu unterhalten. Viel Spaß beim Lesen!
- Wir haben bei LICH Basketball 13 Schiedsrichter, von denen 8 aktiv sind und 5 gelegentlich aushelfen. Im Vergleich zu anderen Vereinen, eine hohe Zahl?
Mit den absoluten Zahlen sind wir eigentlich ganz gut aufgestellt. Auch gegenüber anderen Vereinen stehen wir, denke ich, ganz gut da. Allerdings haben wir aktuell zwei Probleme. Zum einen sind nahezu alle unserer Schiedsrichter noch in irgendeiner anderen Funktion im Verein engagiert, sei es Trainer, Spieler oder Helfer bei der Ersten. Das ist natürlich schön, führt aber auch teilweise zu Überschneidungen (daraus resultierend dann Knappheit an manchen Spieltagen) und einer hohen zeitlichen Belastung für die Einzelnen. Zum anderen haben wir nur wenige ältere und erfahrene Schiedsrichter, auf die ich für die schwierigeren Ansetzungen (bspw. U18 Oberliga oder Herren Bezirksliga) zurückgreifen kann und von denen die Jüngeren profitieren und lernen können. Hier würde uns ein breiter aufgestelltes Schiedsrichterteam Entlastung schaffen, damit wir auch besser fördern können. Dazu kommt natürlich ein Nachwuchsproblem, vor allem, dass es nur noch wenige Personen gibt die ausschließlich pfeifen wollen, neben ihrem Dasein als Spieler.
- Du bist unser Schiedsrichterwart. Tauschst du dich mit Kollegen anderer Vereine aus? Wie ist dort der Bestand an Schiedsrichtern bzw. Neuanfängern?
Ja, ich bin immer im Austausch mit anderen Schiedsrichterwarten und Schiedsrichtern von anderen Vereinen. Zudem haben wir auch immer vor- bzw. nach der Saison Treffen zusammen mit Jonas Falk (SR-Verantwortlicher Bezirk Gießen und zuständig für Aus- und Fortbildung in der HBV SR-Kommission). Insgesamt betrifft die Schiedsrichterproblematik, welche wir definitiv haben, alle Vereine im Bezirk und auch darüber hinaus. Wir hatten jetzt pro Saison regelmäßig zwei Lehrgangstermine in Lich und haben trotzdem nur wenige neue Schiedsrichter ausbilden können, die auch nachhaltig bei uns pfeifen. Hier ist vor allem eine Problem, dass es nur noch wenige Personen gibt, die Ambitionen als Schiedsrichter haben und nicht nebenher noch mehrere andere Funktionen und Ämter innehaben. Leider ist es oft so, dass nur diejenigen, die sich sowieso schon viel engagieren, dann auch noch Schiedsrichter machen um den Verein zu unterstützen.
- Du bist schon seit vielen Jahren Schiedsrichter. Wie würdest du die Entwicklung hinsichtlich des Verhaltens von Spielern, Trainern und Zuschauern gegenüber Schiedsrichtern bewerten?
Ich habe schon das Gefühl, dass negatives Verhalten besonders im Jugendbereich und vor allem seitens der Eltern bzw. Zuschauer zugenommen hat. Auffällig ist, dass es mittlerweile auch früher anfängt. War das früher ab der U16/U18 Oberliga der Fall, ist es heute schon bei Spielen der U12. Das Problem dabei ist, dass sich das Verhalten der Eltern auch auf die Kinder und Jugendlichen auf dem Spielfeld überträgt, die dann auch anfangen sich zu beschweren und zu diskutieren. Diese Entwicklung finde ich nicht nur für uns Schiedsrichter schade, sondern auch für die Kinder und Jugendlichen, die sich nicht mehr auf den Sport konzentrieren können sondern ihren Fokus auf die Schiedsrichter legen. Hier hoffe ich zukünftig auch auf mehr Unterstützung durch die Trainer und Vereine, die ihren Eltern klare Grenzen und Verhaltensregeln aufzeigen, denn das sollte auch in ihrem Interesse sein.
- Wo ziehst du für dich die Grenze, wenn es um Beschwerden, Pöbeleien usw. geht? Warst du schon mal in einer extremen Situation?
Das kommt ganz darauf an. Beim Sport und auch insbesondere beim Basketball kann es, vor allem in engen Situationen und Spielen, auch mal emotionaler werden und das ist ganz normal. Spieler oder Trainer dürfen sich auch mal über einen Pfiff aufregen. Das ganze muss sich aber natürlich in gewissen Rahmen bewegen. Absolute Grenzen sind dabei persönliche Beleidigungen oder Anfeindungen. Ich denke insgesamt ist eine gute und direkte Kommunikation mit allen Beteiligten auf und neben dem Feld wichtig, damit kann man viele Situationen vorbeugen oder entschärfen. Kommentare und auch manche Pöbeleien von den Zuschauern muss man an sich abprallen lassen, da brauch man manchmal ein dickes Fell. Bei Jugendspielen sollte man jedoch auch bei den Zuschauern auf gewisse Grenzen achten. Absolutes No Go sind hier Beleidigungen gegenüber den Kindern und Jugendlichen oder auch schon gehässige Kommentare, das geht gar nicht und muss sofort durch den Heimverein unterbunden werden. Insgesamt hat aber natürlich jeder SR eigene persönliche Grenzen, die für ihn zumutbar sind bzw. ab denen gewisses Verhalten seitens Spielern, Trainern oder Zuschauern nicht mehr toleriert werden kann.
Ich selbst hatte als Schiedsrichter schon manche hitzige Situation. Zum Glück aber nie wirklich extrem, sondern einfach dem Spielverlauf geschuldet, sehr emotional. Nur einmal musste ich bei einem Jugendspiel ein Elternteil aus der Halle entfernen lassen, weil er massiv beleidigend gegenüber mir, meinem Kollegen und auch teilweise Spielern war.
- Was erwartet Schiedsrichter bei LICH Basketball? Warum sollte man bei uns Schiedsrichter werden?
Ich denke attraktiv ist, dass wir ein junges Team sind und man auch schon früh viel Verantwortung übernehmen kann, wenn man das möchte und bereit dafür ist. Ich versuche auch immer auf die individuellen Bedürfnisse und Förderung der Schiedsrichter zu achten indem ich bspw. regelmäßig Fort- und Ausbildungstermine nach Lich hole. Die Schiedsrichter werden bei uns nicht alleine gelassen sondern haben bei mir immer ein offenes Ohr für Unterstützung, Wünsche und Anregungen.
Finanziell ist es natürlich die Übernahme der Ausbildungskosten, Schiedsrichterkleidung und Ausrüstung die sie bezahlt bekommen und freier Eintritt bei den Spielen unserer Ersten Mannschaft.
Darüber hinaus kann pfeifen natürlich wirklich Spaß machen wenn man regeltechnisch am Ball bleibt und sich auch verbessern will. Es bietet zudem eine zusätzliche, sehr interessante Perspektive auf den Sport.